62 Menschen besitzen so viel wie die Hälfte der Weltbevölkerung

Oxfam-Bericht belegt wachsende soziale Ungleichheit und fordert das Ende von Steueroasen.
 
Weltwirtschaftsforum Davos.
 
Soziale
Ungleichheit nimmt weltweit dramatisch zu. Inzwischen besitzen die 62
reichsten Einzelpersonen – vor einem Jahr waren es noch 80 – genauso
viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Dies geht aus
dem Bericht „An Economy for the 1%“ hervor, den Oxfam im Vorfeld des
Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos veröffentlicht. Die
Entwicklungsorganisation fordert, das Geschäftsmodell der Steueroasen zu
beenden und sehr hohe Vermögen stärker zu besteuern.
Grafik: Weltweiter Einkommenszuwachs für jedes Zehntel der Weltbevölkerung in der Zeit von 1988 bis 2011

Grafik:
Weltweiter Einkommenszuwachs für jedes Zehntel der Weltbevölkerung in
der Zeit von 1988 bis 2011: 46 Prozent des gesamten Zuwachses gingen an
die obersten zehn Prozent.

Das
Gesamtvermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung verringerte sich
in den vergangenen fünf Jahren um rund eine Billion US-Dollar, eine
Abnahme um 41 Prozent, trotz eines Bevölkerungszuwachses von 400
Millionen Menschen. Gleichzeitig wuchs das Vermögen der reichsten 62
Personen um mehr als eine halbe Billion US-Dollar. Die Geschwindigkeit,
mit der die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, ist dabei noch größer
als erwartet: Vor einem Jahr prognostizierte Oxfam, im Jahr 2016 werde
das reichste Prozent der Weltbevölkerung (70 Millionen Menschen) mehr
besitzen als die restlichen 99 Prozent (sieben Milliarden Menschen) zusammen. Tatsächlich wurde diese Schwelle
bereits 2015 erreicht, ein Jahr früher als erwartet. Dem Bericht zufolge
droht soziale Ungleichheit, die Fortschritte bei der Armutsbekämpfung
zunichte zu machen.

Neun von zehn Großkonzernen haben Niederlassung in Steueroase

Ein Grund für diese Entwicklung ist die unzureichende Besteuerung von
großen Vermögen und Kapitalgewinnen sowie die Verschiebung von Gewinnen
in Steueroasen. Investitionen von Unternehmen in Steuerparadiesen haben
sich zwischen 2000 und 2014 vervierfacht. Neun von zehn der weltweit
führenden Großunternehmen haben Präsenzen in mindestens einer
Steueroase. Entwicklungsländern gehen auf diese Weise jedes Jahr
mindestens 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen verloren. Die
Verschiebung von Vermögen in Steueroasen durch reiche Einzelpersonen
kostet alleine die afrikanischen Staaten jährlich rund 14 Milliarden
US-Dollar. Damit ließe sich in Afrika flächendeckend die
Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder sicherstellen, was pro Jahr
rund vier Millionen Kindern das Leben retten würde.
„Wir leben in einer Welt, deren Regeln für die Superreichen gemacht
sind. Nötig ist dagegen ein Wirtschafts- und Finanzsystem, von dem alle
profitieren. Konzerne dürfen sich nicht länger aus ihrer Verantwortung
stehlen. Sie müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie sie
erwirtschaften. Die Politik muss die Anliegen der Bevölkerungsmehrheit
über die Interessen der Superreichen stellen. Sie muss die Steueroasen
trockenlegen“, fordert Tobias Hauschild, Referent für
Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam.

Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit

Ein gerechtes internationales Steuersystem erfordert mindestens folgende Maßnahmen:

  • Unternehmen müssen zu einer öffentlichen länderbezogenen
    Berichterstattung über Gewinne und deren Versteuerung verpflichtet
    werden. So kann die Öffentlichkeit Steuerzahlungen von Konzernen
    überprüfen, die demokratische Rechenschaftspflicht würde gestärkt.
  • Der
    ruinöse Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze muss ein Ende haben.
    Hierfür müssen Staaten ihre Steueranreize für Konzerne transparent
    machen.
  • Statt Konsum steuerlich stärker zu belasten, müssen
    große Vermögen, Kapitalgewinne und hohe Einkommen deutlich stärker
    besteuert werden.
  • Um die Interessen von Entwicklungsländern zu
    berücksichtigen, braucht es eine legitime zwischenstaatliche
    Steuerinstitution auf UN-Ebene, die alle Länder umfasst.

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