Für das zweite Jahr in Folge macht die Welt keine Fortschritte bei den Zielen für Nachhaltige Entwicklung (SDGs), der durchschnittliche SDG-Indexwert ist im Jahr 2021 leicht gesunken. So der Sustainable Development Report 2022, der den Fortschritt bei der Umsetzung der SDGs analysiert und von einer Gruppe von Experten des Sustainable Development Solutions Network (SDSN) verfasst wird. Mehrere Krisen haben dazu geführt, dass sich in vielen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen insbesondere die Ergebnisse von SDG 1 (keine Armut) und SDG 8 (Arbeit und Wirtschaftswachstum) weiterhin unter dem Vor-Pandemie-Niveau befinden. Für die Verwirklichung der SDGS sind laut Bericht deutlich höhere Investitionen in physische Infrastruktur und Humankapital notwendig.
Deutschland schneidet auf Rang 6 des SDG-Index-Rankings vergleichsweise gut ab. Besonderen Handlungsbedarf sieht der Bericht bei SDG 12 (Nachhaltiger Konsum & Produktion) und SDG 13 (Klimaschutz). Der internationale Bericht bezieht in seine Länderbewertungen auch Kennzahlen aus dem Corporate Tax Haven Index und dem Financial Secrecy Index des Tax Justice Network ein und problematisiert damit insbesondere Deutschlands Rolle als Zielland für Geldwäsche. Im Gegensatz dazu beinhaltet die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie weder einen Indikator zur Steuervermeidung von Unternehmen, noch zu Geldwäsche und Illicit Financial Flows.
Wenn das Erreichen der SDGs aber nicht an deren Finanzierung scheitern soll, muss Steuergerechtigkeit auch für Deutschland ein entwicklungspolitisch wichtiges Thema sein. Die Umsetzung der globalen Mindeststeuer stockt und die, insbesondere für ärmere Länder interessante, Neuverteilung von Besteuerungsrechten (Pillar 1) wurde von der OECD gerade um ein weiteres Jahr verschoben. Deutschland muss seinen Einfluss in internationalen Gremien nutzen, damit Pillar 1 nicht völlig vergessen wird. Zudem nimmt die Debatte um eine Reform der globalen Steuer-Governance und eine UN-Steuerkonvention, die einen faireren Verhandlungsrahmen für internationale Verhandlungen schaffen würde, an Fahrt auf. Bislang fehlt ein klares Bekenntnis der Bundesregierung dazu. Eine progressive Rolle Deutschlands wäre aber wichtiger denn je, denn 2024 findet voraussichtlich eine vierte UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung statt, die eine große Chance darstellt, die notwendigen Reformen zur Finanzierung der SDGs endlich einzuleiten. Deutschland könnte dabei eine Vorreiterrolle spielen.