Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich eine Vermögensteuer, so das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo. Für die Untersuchung wurden Ende 2021 fast 5.000 Menschen zu ihrem Gerechtigkeitsempfinden befragt. Und darum steht es nicht gut: Nur 17 Prozent der Menschen glauben, es gebe Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland. So sind lediglich 9 Prozent der Meinung, dass die wirtschaftlichen Gewinne „im Großen und Ganzen gerecht verteilt” werden. Nur 39 Prozent empfinden das eigene Einkommen oder Vermögen als gerecht. Hierbei zeigen sich allerdings Unterschiede zwischen sozialen Gruppen: Männer haben ein signifikant höheres Gerechtigkeitsempfinden als Frauen. Zudem empfinden Menschen mit höherem Einkommen, höherer formaler Bildung sowie Menschen in Westdeutschland die Gesellschaft als gerechter. Konkrete politische Forderungen waren ebenfalls Gegenstand der Untersuchung. 75 Prozent stimmten demnach der Aussage zu, der Staat solle „für eine Verringerung des Unterschieds zwischen Arm und Reich sorgen“. Die Mehrheit wünscht sich mehr Umverteilung von Reich nach Arm (68 Prozent). Eine höhere Einkommensteuer für Besserverdienende fordern 70 Prozent und noch mehr Menschen sprechen sich für eine Vermögensteuer aus (77 Prozent). Sieht man im Willen der Befragten einen Regierungsauftrag, erfüllt die aktuelle Krisenpolitik der Ampelkoalition diesen nicht. Die Entlastungspakete entlasten Besserverdiener absolut stärker als Menschen mit geringem Einkommen. Zudem wurde (bisher) auf eine echte Übergewinnsteuer verzichtet und eine Besteuerung sowie eine Umverteilung von Vermögen meidet Christian Linder wie der Teufel das Weihwasser.
In der Studie wurde außerdem die Zustimmung zu vier Gerechtigkeitsprinzipien untersucht. Am stärksten war diese zum Bedarfsprinzip (95 Prozent), gefolgt vom Leistungsprinzip (85 Prozent) und dem Gleichheitsprinzip (54 Prozent). Das eher demokratieferne Anrechtsprinzip wurde überwiegend abgelehnt (9 Prozent). Leitet man aus diesen Koordinaten ein steuerpolitisches Handeln ab, wäre das Ergebnis vor allem eines: eine stark progressive Erbschaftssteuer – ohne Ausnahmen und Gestaltungsmöglichkeiten für Vermögende.