Ehemaliger Steuerchef von Freshfields verurteilt
Der nächste große Schritt in Sachen Cum-Ex-Aufklärung ist getan: Der ehemalige Steuerchef der internationalen Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Ulf Johannemann, ist vor dem Landgericht Frankfurt zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er ist neben dem Steueranwalt Hanno Berger der bekannteste Cum-Ex-Akteur, der nicht in den tatsächlichen Aktienhandel eingebunden war, sondern die Banken zu den Geschäften beraten hatte. So hatte Johannemann wohl “Gefälligkeitsgutachten” für die Maple Bank geschrieben, um deren Cum-Ex-Geschäfte als legal darzustellen. Die Bank ging schließlich in die Insolvenz, nachdem sie die Steuerrückforderungen der Finanzverwaltung nicht stemmen konnte. Ein weiterer Mitarbeiter der Bank wurde in dem Prozess ebenfalls verurteilt, allerdings zu der maximalen Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Maple war einer der ersten vom Fiskus aufgegriffenen Cum-Ex-Fälle; der langjährige Geschäftsführer Schuck wurde bereits 2022 zu über vier Jahren Haft verurteilt.
Doch nicht alle Ermittlungen laufen so glatt. Die Staatsanwaltschaft Köln versucht nun, was den Kollegen aus Wiesbaden 2021 nicht gelang: Den neuseeländischen Banker Paul Mora zu verurteilen. Laut kürzlich erhobener Anklage soll Mora mitverantwortlich für die Hinterziehung von knapp 450 Millionen in den Jahren 2006 bis 2011 sein. Bisher wird Mora von seinem Heimatland Neuseeland nicht ausgeliefert, es liegt jedoch ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor, sodass seine Reisefreiheit eingeschränkt ist. Möglicherweise deutet die Anklageerhebung auf einen erneuten Versuch hin, Mora vor ein deutsches Gericht zu bekommen –ähnlich wie Hanno Berger, der ohne Erfolg Zuflucht in der Schweiz gesucht hatte.
Von den Reichen zu den Rentnern – Beamtin aus dem BMF versetzt
Ende 2023 wurde umfangreich über den mit versteckter Kamera gefilmten Auftritt einer Beamtin aus dem Bundesfinanzministerium auf einer Berater-Konferenz diskutiert (ZDF, 2023). Der Fall wirft ein wichtiges Schlaglicht auf die Nebentätigkeiten der Beamten aus der Steuerabteilung und den Einfluss der Beraterbranche. Mittlerweile zeigen Daten, dass die Abteilung IV (Steuern) im Finanzministerium die Liste der Nebentätigkeit mit großem Abstand anführt. Allein von den angezeigten Nebentätigkeiten im Jahr 2022 entfielen laut Antwort auf eine schriftliche Anfrage 125 von 248 auf die Steuerabteilung und von knapp 400.000 Euro Nebenverdiensten landeten 160.000 Euro dort (Bundestag, 2023). Das Disziplinarverfahren gegen die Beamtin läuft aktuell noch. Anscheinend hat sie die Teilnahme an der Konferenz bei ihrem Arbeitgeber nicht angezeigt. Einem Spiegel-Bericht zufolge wurde sie mittlerweile in die Produktinformationsstelle Altersvorsorge versetzt “um sie aus der Schusslinie zu nehmen”.
Weitere Nachrichten:
- Der Generalsekretär der OECD, Mathias Cormann, war bis 2022 heimlich Miteigentümer einer Firma, die vom australischen Staat mit über 10 Millionen Dollar an Aufträgen bedacht wurde. Cormann hatte die Anteile an der Firma vom ehemaligen CEO von PwC Australien über eine Trust-Konstruktion erhalten, durch die die Geschäftsbeziehung vor dem Staat und der Öffentlichkeit geheim gehalten wurde. Während seiner Zeit als australischer Finanzminister hatten sich die Aufträge für die Big Four und auch PwC vervielfacht. Ob und wenn ja, in welchem Umfang Cormann letztlich finanziell profitiert hat, bleibt im Artikel offen.
- Laut einer Auswertung des IW Köln stieg die Zahl der öffentlichen Bediensteten in den letzten zehn Jahren um mehr als 10 Prozent oder fast 600.000 – vor allem bei der Polizei, in Kitas und Hochschulen. Aber auch im Bereich “politische Führung und zentrale Verwaltung” gab es knapp 100.000 zusätzliche Stellen, vor allem in den Kommunen. Warum die Personalnot, unter anderem in der Steuerverwaltung, trotzdem hoch bleibt, erklären die Autoren unter anderem mit einer Zunahme von Teilzeitarbeit und durch Reformen angestiegene Arbeitsbedarfe. Die Arbeitskräfte in Vollzeitäquivalenten in den Finanzämtern der Länder nehmen seit 2021 wieder leicht zu, zusätzlicher Arbeitsaufwand ist jedoch beispielsweise in der Steuerfahndung eindeutig zu identifizieren.
- In Berlin wurde im Dezember 2023 ein neues Finanzamt gegründet, das für die Umsatzsteuer aller ausländischen Unternehmen zuständig ist, die zwar in Deutschland Handel treiben, hier jedoch keinen Sitz haben. Berlin reagiert mit der Gründung auf die Verzehnfachung der registrierten Unternehmen seit 2019, die auf die Inhaftungnahme von Handelsplattformen für Umsatzsteuerausfälle durch ihre Online-Händler zurückzuführen ist. Das Finanzamt Berlin International ist aktuell für über 115.000 Unternehmen zuständig, die Tendenz weiter stark steigend. Mehr als 95 Prozent davon haben ihren Sitz in China, Hongkong, Macau und Taiwan.
- Der Gründer der Varengold-Bank ist wegen Cum-Ex-Geschäften angeklagt worden.
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