Pressemitteilung – ein Jahr nach den Paradise Papers
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Bilanz ein Jahr nach den Paradise Papers und zweieinhalb Jahre nach den Panama Papers: zwei tote Journalisten, zu wenig Fortschritt in politischen Maßnahmen.
Vor zweieinhalb Jahren wurden die Panama Papers veröffentlicht und heute jährt sich die Veröffentlichung der Paradise Papers. Seit dem sind zwei Journalisten, Jan Kuciak (Slowakei) und Daphne Galizia (Malta), die diese Daten auswerteten, umgebracht worden. Steuerflucht und Steuervermeidung sind – genau wie Geldwäsche, organisierte Kriminalität und Terrorismusfinanzierung – auf Geheimhaltung und Intransparenz angewiesen. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit fordert seit langem echte Transparenz über Firmeneigentümer, die sich leicht hinter Briefkastenfirmen und Strohmännern verstecken können und eine öffentliche Bilanz in der multinationale Unternehmen erklären wo sie ihre Gewinne verbuchen und ihre Steuern zahlen. Bisher hat die Bundesregierung beide Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene blockiert. Damit schützt sie die Schattenfinanzindustrie und ihre teils kriminellen Nutznießer.
Dazu Karl-Martin Hentschel (Attac): „Die deutsche Regierung steht weiterhin nahezu in allen wichtigen Fragen auf dem Bremspedal. Das Finanzministerium votiert auf EU-Ebene weiterhin gegen öffentliche länderbezogene Berichte (pCbCR). Gegen jeden weitergehende Schritt in Richtung einheitliche Bilanzen (GKB) oder gar Gesamtkonzernsteuer (GKKB) werden immer neue Bedenken vorgetragen. Die Beerdigung der Finanztransaktionssteuer durch Frankreich wurde sofort begrüßt, der französische Vorstoß für eine Digitalsteuer wurde abgewunken. Eine eigene Initiative ist nirgends erkennbar, obwohl die SPD im Programm entschiedene Maßnahmen gegen die Steuervermeidung von internationalen Konzernen gefordert hatte. Sogar die Vorstöße des CSU-Entwicklungsministers Müller für fairere Verträge mit afrikanischen Staaten werden regelmäßig vom Finanzministerium konterkariert. Damit setzt der neue Finanzminister Scholz die Linie seines Vorgängers ohne jede erkennbare Veränderung fort.“
Dazu Lisa Großmann (Netzwerk Steuergerechtigkeit): „Dank der Initiative der EU gibt es in Deutschland jetzt ein Transparenzregister und viele Steuerbehörden tauschen jetzt untereinander Informationen zu Finanzkonten ihrer jeweiligen Steuerbürger untereinander aus. Deutschland hat das Transparenzregister lange Zeit behindert und es jetzt notgedrungen nur sehr mangelhaft umgesetzt. Anders als in den meisten Nachbarstaaten und anders als das deutsche Handelsregister ist es nicht öffentlich einsehbar und die wenigen darin enthaltenen Informationen sind von so zweifelhafter Qualität, dass das Register keinen öffentlichen Glauben genießt. Um weiterhin unerkannt zu bleiben reicht es, sich gemeinsam mit vier anderen Personen in einem Investmentfonds zu verstecken oder ein ausreichend komplexes Netzwerk aufzubauen um weiterhin mit einem fiktiven Eigentümer agieren zu dürfen. Auch beim automatischen Informationsaustausch verlassen sich die Steuerbehörden weiterhin darauf, dass die Banken richtig berichten und haben viel zu wenig eigene Kapazitäten um die erhaltenen Daten zu bearbeiten. Angesichts der in den Leaks beschriebenen Phantasie und oft kriminellen Energie der Steuervermeider und ihrer Berater reicht das bei weitem nicht aus.“
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit ist Teil einer globalen Bewegung. Gemeinsam mit unseren globalen Partner fordern wir mehr Transparenz für globale Konzerne und einen globalen Konsens für ein neues und faireres Steuersystem in Verantwortung der VN: https://www.globaltaxjustice.org/en/action/ParadisePapers1YearOn
Ein Kommentar
Von alledem, was das Netzwerk Steuergerechtigkeit macht, scheint mir das Einfordern von Transparenz das allerbeste und notwendigste zu sein. Jedem gehört gewissermaßen ein Schild umgehängt mit dem, was er besitzt. Transparenzregister und Grundbücher müssen öffentlich einsehbar werden. Kindern erzählt man, es gäbe gute und schlechte Geheimnisse, seinen Besitz zu verstecken ist ein schlechtes. Wenn jemand seinen Besitz tragen kann, sei es erst mal ok, ich bin nicht gegen Reichtum, der mit Fairness gewonnen wurde (soll es geben). Wenn jemand aber nicht offen zu seinem Besitz stehen kann, dann mag er sich erleichtern, Gelegenheiten gibt es genug.
Für die Umsetzung eines allgemeinen Grunderbes die wir anvisieren und erforschen, ist Transparenz in den Besitzverhältnissen Voraussetzung.