Entwicklungshilfe in Steueroasen – ein Diskussionsbeitrag
Die DEG investiert in Unternehmen in ihren Zielländern, unter anderem weil diese Unternehmen lokale Einkommen für Lieferanten, Mitarbeiter, Staat und Investoren erzeugen und damit einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten. Für die Investitionen nutzt die DEG in vielen Fällen Private Equity Fonds und Zwischengesellschaften in Offshore Finanzzentren („OFCs“). Dadurch gehen in den Zielländern Steuereinnahmen verloren. Zusätzlich legitimiert die DEG die OFCs, obwohl diese wesentlich zu den hohen illegitimen Finanzflüssen aus Entwicklungsländern beitragen. Als Antwort auf die in den letzten Jahren wiederholt vorgebrachte Kritik an dieser Praxis verweist die DEG neben fehlender Alternativen auf ihre eigenen Transparenzbemühungen und auf die lokal gezahlten Steuern der Unternehmen an denen die DEG über die Fonds beteiligt ist. Die Studie analysiert die Entwicklung der Aktivitäten der DEG in OFCs, wertet die veröffentlichten Informationen über die Offshore-Aktivitäten aus und beschreibt an konkreten Beispielen die steuerlichen Konsequenzen.
Anlässlich der Veröffentlichung der Recherche von Correctiv veröffentlichen wir hier einen Zwischenstand der Recherche (Stand: 29. März 2023). Die vollständige Studie wird voraussichtlich im 2. Halbjahr 2023 veröffentlicht, wenn der Geschäftsbericht für 2022 vorliegt und die Auswirkung der letzten Reform der Veröffentlichungsrichtlinie zum 1.1.2022 bewertet werden können.
Die Auswertung der Beteiligungslisten der letzten Jahre zeigt, dass die DEG ihre Aktivitäten in OFCs trotz anhaltender Kritik aus quantitiver Sicht nicht wesentlich verringert oder verändert hat. Mit 161 von 313 Beteiligungen waren 2021 weiterhin mehr als die Hälfte der Beteiligungen in OFCs ansässig. Die Kaimaninseln und Mauritius waren wie in den Vorjahren die wichtigsten OFCs, obwohl die Kaimaninseln wegen der Gesetzgebung für Investmentfonds zwischenzeitlich sogar auf der schwarzen Liste der EU standen. Und trotz der vielen Skandale im Zug der Panama Papers und Vorwürfen von systemischer Korruption und fehlender Unabhängigkeit der Justiz, die von der Anfang 2021 eingesetzten Sonderkommission umfangreich bestätigt wurden, enthält die Beteiligungsliste der DEG für 2021 eine neue Beteiligung auf den Britischen Jungferninseln.
Bei der Transparenz hat die DEG zwar auf wiederholte Kritik reagiert und erste Reformen umgesetzt, die wesentlichen Informationen zur Beurteilung der Offshore-Aktivitäten bleiben aber weiterhin nicht öffentlich. Seit 2015 veröffentlicht die DEG investitionsbezogene Informationen auf ihrer Website. 2020 verlängerte sie den Veröffentlichungszeitraum von zwei auf fünf Jahre. 2022 folgte eine weitere Verlängerung auf den gesamten Vertragszeitraum und eine Ausweitung der zu veröffentlichenden Informationen. Seit kurzem kann man die Daten auch in elektronischer Form herunterladen. Fehlende Transparenz bei den Altfällen und die fehlende Verknüpfung zwischen Beteiligungsinformationen und Website sorgten aber 2021 noch dafür, dass nur 54 von den 161 Beteiligungen mit einem Eintrag auf der Website in Verbindung gebracht werden konnten. Und auch da wo ein DEG-Eintrag und ein Link zur Kundenwebsite vorlag, war es nur bei einem kleinen Teil der Fonds-Beteiligung und mit teilweise erheblichem Aufwand möglich, die mit der DEG-Beteiligung über die Fonds in Verbindung stehenden Zielunternehmen zu identifizieren. Insgesamt lassen sich etwa 100 von etwa 900 indirekt über Fonds-Beteiligung gehaltenen Zielunternehmen so identifizieren. Finanzinformationen lagen nur in einem Bruchteil der Unternehmen vor. Selbst bei den im Entwicklungspolitischen Bericht der DEG veröffentlichten aggregierten Informationen fehlen wesentliche Angaben u.a. zu Gesamtgewinnen und der Gewinnaufteilung um die steuerlichen Konsequenzen der OFC-Aktivitäten zumindest grob abzuschätzen.
Auch wenn sie noch nicht abgeschlossen ist, zeigt die beispielhafte Analyse der identifizierten Unternehmensbeteiligungen über OFCs: Die DEG vermeidet durch die Investitionen über OFCs Steuern in den Zielländern der Investitionen und schadet damit direkt und indirekt der nachhaltigen Entwicklung in den betroffenen Staaten, indem diesen wertvolle Staatseinnahmen vorenthalten werden. Durch die Investitionen über OFCs profitiert die DEG in einigen Fällen indirekt von günstigeren Doppelbesteuerungsabkommen, und vermeidet so Quellensteuern auf Zinszahlungen, Dividenden und Veräußerungsgewinne. Dadurch erhöht sie ihren (größtenteils reinvestierten) Gewinn und den ins Ausland abfließenden Gewinn insgesamt auf Kosten der Quellenländer. Dieser negative Nebeneffekt der möglicherweise aus nicht-steuerlichen Gründen sinnvollen Investitionen sollte durch die DEG anerkannt, in der Wirkungsanalysen berücksichtigt und künftig so weit wie möglich vermieden werden.
Der vollständige Zwischenbericht steht hier zum Download bereit: https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/wp-content/uploads/2023/03/230329_DEG-in-Steueroasen.pdf
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