Der Kabinettsbeschluss zur Grundsteuer – ein richtiger Schritt mit Nachbesserungsbedarf

Die Koalition hat sich auf einen Kompromiss bei der Grundsteuer geeinigt und will ihn im Eilverfahren bis Ende des Jahres beschließen. Geplant ist ein stark pauschalisiertes und deswegen sehr einfach zu berechnendes Modell, das den Wert der Immobilie über Durchschnittsmieten (differenziert nach Bundesland und Haustyp) und den Wert des Bodens über Bodenrichtwerte erfasst. Auf Drängen der bayrischen CSU erhalten die Länder nun die Option von diesem Modell abzuweichen. Dazu sind eine Grundgesetzänderung und eine Anpassung im Länderfinanzausgleich nötig.

Ein Vergleich von 24 stilisierten Rechenbeispielen[1] zeigt – das im Kabinett beschlossene Kompromissmodell des BMF belastet in einem beispielhaften Vergleich vor allem Häuser mit großem und/oder teurem Grundstück relativ zu anderen Immobilien und auch im Vergleich zum nicht wertabhängigen Flächenmodell stärker. Gleichzeitig ist der Unterschied zwischen wertvollen und günstigen Immobilien sehr viel geringer als beim von den Bundesländern entwickelten Kostenwertmodell und bei dem von der Initiative Grundsteuer zeitgemäß unterstützten Bodenwertmodell. Darüber hinaus zeigt der Vergleich – das BMF-Modell:

  1. Ist zwar wertabhängig, mindert den Einfluss des Bodenwertes jedoch im Vergleich zum Kostenwert- und Bodenwertmodell sehr stark und ähnelt im Ergebnis eher dem Flächenmodell als den zwei anderen wertabhängigen Modellen;
  2. Bevorzugt Wohnungen im Vergleich zu Häusern und ist für Wohnungen in Innenstadtlagen mit hohen Bodenrichtwerten das günstigste Modell, belastet dafür jedoch sowohl Wohnungen als auch Häuser in günstigen Randlagen stärker (die Vergünstigung für Sozialwohnungen in der Steuermesszahl noch nicht eingerechnet);
  3. Enthält eine anscheinend durch das komplizierte Berechnungsmodell verursachte aber schwer zu begründende Benachteiligung von alten Häusern und Wohnungen mit großen und teuren Grundstücken und besteuert in Einzelfällen sogar alte Wohnungen höher als Häuser.

Basierend auf dieser Studie begleiten wir die weitere politische Diskussion mit folgenden Prämissen:

  1. Ein wertabhängiges Modell ist gerechter als das Flächenmodell und ist auch als Grundlage für eine angemessene Besteuerung von Vermögen einem wertunabhängigen Modell vorzuziehen.
  2. Die von den Lobbyverbänden verbreiteten und irreführenden Darstellungen sind deutlich zurück zuweisen:
    1. Das BMF-Modell pauschalisiert sehr stark und ist deswegen mit dem entsprechenden IT-Verfahren (Excel-Tabelle) automatisch zu berechnen. Der Steuerpflichtige muss lediglich Adresse, Wohnfläche und (anteilige) Grundfläche, Wohnungstyp und Alter angeben.
    2. Aufkommensneutralität für den einzelnen Steuerpflichtigen ist nicht Ziel der Reform – die Reform wurde gerade wegen der derzeitig ungerechten Verteilung des Grundsteueraufkommens nötig. Die individuellen Veränderungen können prozentual hoch sein, sind absolut jedoch aufgrund der geringen Höhe der Grundsteuer begrenzt.
    3. Unter der Voraussetzung der Aufkommensneutralität führt die Grundsteuerreform nicht zu steigenden Belastungen in Ostdeutschland, sondern in Gebieten mit hohen Bodenrichtwerten und hohen Durchschnittsmieten (z.B. Bayern). Wegen der Anpassungsmöglichkeit beim Hebesatz ist aber die Differenzierung innerhalb einzelner Gemeinden das entscheidende Merkmal.
  3. Das BMF-Modell sollte möglicherweise nachjustiert werden um die Benachteiligung von Altbau mit großem und teuren Grundstück zu korrigieren.
  4. Um falsche Anreize zu vermeiden muss das Optionsmodell durch eine Anpassung im Länderfinanzausgleich begleitet werden. Der derzeitige Vorschlag sieht vor das BMF-Modell bundesweit als einheitliche Berechnungsgrundlage für den Länderfinanzausgleich zu verwenden. Das vermeidet die falschen Anreiz, führt aber Bayerns Vereinfachungsargument ad absurdum. Die Steuerbehörden dort müssten dann beide Berechnungen vornehmen.
  5. Die Umlagefähigkeit auf die Miete sollte abgeschafft werden. Dann könnte auch die Belastung von vorwiegend vermieteten Wohnungen in teuren Innenstadtlagen angemessen erhöht werden.

[1] Verglichen werden Immobilien mit einer Wohnfläche von 150m² in Wiesbaden mit den Charakteristika neu (= 0 Jahre), alt (>= 56 Jahre), klein und günstig (= 50m² und BRW von 300€/m²), groß und teuer (= 200m² für Häuser bzw. 100m² für Wohnungen und BRW von 1.500€/m²) – siehe Jarass, Trautvetter (im Erscheinen)

*Die Arbeit des Netzwerk Steuergerechtigkeit zum Thema Besteuerung von Immobilien wird gefördert durch die BGAG-Stiftung Walter Hesselbach.

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