Gemeinsame Presseerklärung von Tax Justice Network und Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland, 6. April 2016

„Transparenzregister“ der Bundesregierung ist ein
verspäteter Aprilscherz 
In Antwort auf die Enthüllung systematischen Missbrauchs von Briefkastenfirmen durch die
Panamapapers hat die Bundesregierung ein Transparenzregister als
Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht. Der Wortlaut des entsprechenden neuen
Passus (§ 9a) im Geldwäschegesetz (GWG) liegt Tax Justice Network und dem
Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland vor (hier einzusehen). Eine Analyse offenbart gravierende
Mängel, welche zur Wirkungslosigkeit des Registers führen werden.
Dem Missbrauch von Briefkastenfirmen beugen vor allem
öffentliche Register der wahren Eigentümer dieser Firmen vor. Die 4.
Geldwäscherichtlinie der EU schreibt zwar ein verpflichtendes Register der
wirtschaftlich Berechtigten von Rechtspersonen EU-weit vor, gewährt jedoch in
erster Linie Ermittlungsbehörden und Banken Zugang zu den Daten. Der
Öffentlichkeit, etwa Journalisten und zivilgesellschaftliche Organisationen,
muss laut Richtlinie lediglich bei nachgewiesenem „berechtigtem Interesse“
Einblick in das Register gewährt werden. Die Richtlinie muss von den
EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt werden, so dass die
jeweiligen Gesetze bis Mitte 2017 in Kraft sind. 
Die Richtlinie erlaubt Mitgliedsstaaten jedoch
explizit, über die Mindestvorgabe hinauszugehen, und die Registerdaten zu
veröffentlichen. Während das Bundesfinanzministerium aus seiner Skepsis
gegenüber den in der 4. Geldwäscherichtlinie erlaubten öffentlichen Registern
keinen Hehl macht, sorgten Wirtschaftsminister Gabriel und Justizminister Maas
gestern mit der Forderung für Aufsehen, ein Transparenzregister einführen zu
wollen. Weil es als Transparenzvorstoß aus dem SPD-geführten Justizministerium
präsentiert wurde, liegt die Erwartung einer über die Mindestvorgabe hinausgehende
Öffentlichkeit des Registers nahe.
Nachdem der in Rede stehende Passus §9a, der dem
Geldwäschegesetz hinzugefügt werden soll, analysiert werden konnte, steht fest,
dass dieser Entwurf keineswegs über die Mindestvorgabe aus Brüssel hinausgeht.
Im Gegenteil, der Vorschlag bleibt in einigen Aspekten sogar hinter den
EU-Erfordernissen zurück und würde – falls verabschiedet – ein
Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission nach sich ziehen.
Dass das Register nicht öffentlich zugänglich gemacht werden
soll, kann aus den Erläuterungen zu Absatz zwei des neuen Paragraphen
entnommen werden: 
„Die nach § 9b Absatz 3
berechtigten Personen und Organisationen müssen bereits im Hinblick auf eine
Einsichtnahme in das Transparenzregister ein berechtigtes Interesse nachweisen
[…].“
Auch wenn §9b noch nicht zur Analyse vorlag, kann aus
dieser Passage bereits entnommen werden, dass der Zugang zum Register nach §9b
nicht öffentlich erfolgen, sondern an den Nachweis eines berechtigten
Interesses geknüpft bleiben soll. „Diesen Vorschlag als neues
Transparenzregister zu feiern ist eine dreiste Verdrehung der Tatsachen. Es
handelt sich um eine schon lange geplante Minimallösung, die nur marginal etwas
an der Verschleierung mittels Briefkastenfirmen ändern wird. Justizminister
Maas und Vize-Kanzler Gabriel wollen der Öffentlichkeit offenbar einen
gewaltige Mogelpackung unterjubeln.“, erläutert Lisa Großmann, Koordinatorin
des deutschen Netzwerks Steuergerechtigkeit.
Eine Überprüfung der Angaben seitens einer Behörde ist
in dem Passus nicht vorgesehen. Eine solche Aufgabe wäre auch kaum plausibel
und effektiv von einer Behörde zu leisten. Bislang werden diese Pflichten von
zigtausend Banken, Notaren und Anwaltsfirmen erfüllt. Es ist nicht glaubhaft zu
erwarten, dass mit einem Schlag solche Pflichten von einer einzigen, noch nicht
einmal ausdrücklich genannten oder erschaffenen Behörde erfüllt werden können. 
Darüber hinaus beschränkt der Entwurf explizit die
Angabepflichten der Anteilseigner der Firmen – etwa Treuhänder,
Briefkastenfirmen oder Stiftungen – auf „die Informationen zum wirtschaftlich
Berechtigten direkt hinter ihm“ (siehe Seite 6). Der Entwurf aus dem Hause des
Justizministers führt diese Ausnahme auf Seite 7 noch weiter aus. Dort heißt es
schwarz auf weiß (Erläuterungen zu Absatz 4, Seite 7):
„Eine weitere Einschränkung greift bei Beteiligungs-
oder Kontrollketten: Die Angabepflicht nach Absatz 4 besteht nur, wenn der
Angabepflichtige entweder selbst wirtschaftlich Berechtigter ist oder er
unmittelbar unter der Kontrolle eines wirtschaftlich Berechtigten steht, sei es
durch eine Anteilseignerschaft oder sonstige Einflussnahmemöglichkeit. In einer
Beteiligungskette weiter hinten stehende wirtschaftlich Berechtigte muss ein
Anteilseigner nicht angeben.“
Damit beschränkt der Vorschlag die Reichweite aller
Transparenz auf nur die erste Schicht von Rechtspersonen oder Treuhändern, die
deutsche Firmen kontrollieren. „Die Transparenzverpflichtung nur auf die erste
Schicht des Firmendickichts zu begrenzen ist so als würde die Gurtpflicht nur
innerorts gelten. Das Ziel der Richtlinie und die Vorgabe aus Brüssel wird
damit verfehlt. Diese Fehlleistung jedoch wird zweifelsohne im weiteren
Gesetzgebungsprozess behoben und scheint somit eher ein Ablenkungsmanöver vom
eigentlichen Skandal zu sein: dass die Bundesregierung noch immer gegen die
vollständige Transparenz von Firmeneigentümern kämpft“, kommentiert Markus
Meinzer, Vorstandsmitglied von Tax Justice Network.

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