Große Finanzkluft und kleine Bekenntnisse

Die aktuellen Krisen der Welt setzten insbesondere den ärmeren Ländern deutlich zu. Das zeigt der 2022 Bericht zur Nachhaltigen Entwicklungsfinanzierung der Vereinten Nationen. Die Lebensmittel- und Energiepreise sind in Folge des Ukraine-Kriegs deutlich gestiegen und für einige Länder besteht das Risiko, in eine Schuldenkrise zu geraten. Demnach fielen im letzten Jahr weitere 77 Millionen Menschen auf Grund der Corona-Krise in extreme Armut und viele Volkswirtschaften blieben bis Ende des Jahres unter dem Niveau von vor 2019. Auch für das kommende Jahr ist mit keiner raschen Erholung zu rechnen. Entwicklungsländer müssen einen deutlich höheren Anteil ihres Steueraufkommens für Zinszahlungen aufwenden (durchschnittlich 14 Prozent der Staatseinnahmen) als entwickelte Länder (3,5 Prozent), und wichtige Investitionen wie in Bildung und Infrastruktur werden zurückgefahren. Die Steuereinnahmen sind insbesondere in kleinen Insel-Entwicklungsländern zusammengebrochen.

Diese Trends verstärken ein Problem das schon vorher bestand: Viele Länder des globalen Südens verfügen schlicht nicht über die finanziellen Ressourcen, um ihre Entwicklung selbstbestimmt aus eigenen Mittel zu finanzieren. Zur Halbzeit der Agenda 2030 wird offensichtlich, dass einige der Ziele für nachhaltige Entwicklung wohl nicht erreicht werden können. Das ist fatal für Länder, die sich schon seit Jahrzehnten in der Armutsfalle befinden und für die das Wort „Krise“ nichts neues ist. Aktuelle Bemühungen, vermittelt durch die OECD, die Gewinnverschiebung multinationaler Konzerne zu beenden haben es verpasst, die Interessen der finanzschwachen Länder angemessen zu berücksichtigen. Um dies zu bewerkstelligen wäre eine umfassende Reform der globalen Steuerregeln, die Gewinne und Reichtümer global fairer verteilt, notwendig.

Financing for Development Forum bringt nicht die erhofften Impulse

Beim letzte Woche in New York stattfindenden Forum on Financing for Development (FfD) bot sich erneut die Möglichkeit, die dringend erforderlichen Kurskorrekturen bei der Reform der globalen Unternehmensbesteuerung einzuleiten. Das Forum wird vom Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der UN organisiert und findet jährlich statt. Es hat den Zweck, regelmäßig einen Blick auf die Umsetzung der Addis Ababa Action Agenda zur Finanzierung der 2030-Entwicklungsziele zu werfen. Die Ergebnisse des Austauschs zwischen Vertreter*innen der 193 UN-Mitgliedsstaaten sind aber leider ernüchternd. Das Ergebnisdokument bezieht sich in seinen Reformvorschlägen zum Themenbereich Steuern primär auf

  • die Stärkung von Steuerbehörden, u.a. durch umfangreicheres capacity building für Entwicklungsländer,
  • eine verbesserte internationale Steuerkoordination und eine Anerkennung des UN-Expertenausschusses für Steuerfragen und
  • die Notwendigkeit bei Reformen zur Besteuerung der Digitalwirtschaft die Implikationen für Entwicklungsländer zu analysieren.

Mutige und in Anbetracht der aktuellen Weltlage dringend notwendige Steuerreformen wurden damit ausgelassen. Zwar sind die vorgeschlagenen Punkte nicht falsch, sie reflektieren einen gewissen Minimalkonsens, gleichzeitig gehen sie aber nicht an den Kern der Probleme. Statt primär auf capacity building (auch zur Umsetzung von für Länder des globalen Südens unvorteilhaften Steuerregeln) zu setzen, sollte der Schwerpunkt auf einer strukturellen Reform der globalen Unternehmensbesteuerung liegen, die anders als die OECD-Mindeststeuer Gewinnverschiebung effektiv verhindert und Ländern des globalen Südens einen fairen Anteil der globalen Unternehmensgewinne zuspricht. Statt die Arbeit des UN-Expertenausschusses für Steuerfragen lediglich anzuerkennen, braucht es eine Aufwertung des Gremiums hin zu einem zwischenstaatlichen UN Tax Body sowie eine UN-Steuerkonvention. Besonders die Gruppe der afrikanischen Länder bei der UN hat die UN-Steuerkonvention beim jüngsten FfD Forum explizit gefordert, mit starker Unterstützung seitens der in New York anwesenden zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen. Denn nur mit solch ambitionierten Schritten kann die globale Steuerarchitektur so reformiert werden, dass auch Länder mit niedrigem Einkommen gewappnet sind, die aktuellen Krisen zu bewältigen und ihre Entwicklungsziele in Eigenverantwortung zu erreichen.

Ein Lichtblick immerhin: Das Ergebnisdokument fordert die UN-Generalversammlung dazu auf, die Einberufung einer neuen UN-Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung zu prüfen. Diese sollte tatsächlich rasch beschlossen werden, denn mehr politische Dynamik ist nötig, um wichtige Reformen anzugehen. In Anbetracht der massiven Krisen, ist es keine Option sich noch länger mit schwachen Kompromissen abzugeben oder abzuwarten.

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