G20 muss Kampf gegen Steuermissbrauch intensivieren

Berlin, 20.11.2020. Weltweit verlieren Länder jedes Jahr insgesamt über 400 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen durch internationale Unternehmenssteuervermeidung und Steuerhinterziehung. Das entspricht fast 34 Millionen Jahresgehältern von Krankenpfleger*innen – oder ein Krankenpfleger*innen-Jahresgehalt pro Sekunde.

Während Länder auf der ganzen Welt damit kämpfen, die finanziellen Kosten der Corona-Krise zu stemmen, veröffentlicht das Tax Justice Network zusammen mit dem globalen Gewerkschaftsbund Public Services International und der Global Alliance for Tax Justice heute zum ersten Mal den State of Tax Justice Report. Der Bericht schlüsselt die Verluste durch Steuervermeidung und –hinterziehung nach Ländern auf und identifiziert die dafür verantwortlichen Länder. Er zeigt: Die armen Länder verlieren proportional am stärksten, während die reichen Länder für den Großteil des Problems verantwortlich sind. Aber auch Deutschland gehört zu den großen Verlierern.

Deutschland verliert über 35 Milliarden Dollar pro Jahr

Deutschland verliert laut Bericht jedes Jahr schätzungsweise 35 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen durch grenzüberschreitende Steuervermeidung und ‑hinterziehung. Das entspricht dem Gehalt von 600.000 Krankenschwestern und immerhin 20 Prozent der bundesweiten Bildungsausgaben. Die Verluste verteilen sich auf 24,4 Milliarden Dollar durch internationale Unternehmenssteuervermeidung und 10,6 Milliarden Dollar durch grenzüberschreitende Steuerhinterziehung von Individuen.

Dazu erklärt Karl-Martin Hentschel (Netzwerk Steuergerechtigkeit/Attac): „Gerade angesichts des enormen zusätzlichen Finanzbedarfes aufgrund der Corona-Krise sollten endlich wirksamere Maßnahmen gegen Steuervermeidung internationaler Konzerne und gegen Steuerhinterziehung ergriffen und längst überfällige Maßnahmen wie die öffentliche länderbezogene Berichterstattung über Gewinne und Steuerzahlungen von Unternehmen umgesetzt werden. Deutschland muss die letzten Wochen seiner EU-Ratspräsidentschaft und den heute beginnenden G20-Gipfel nutzen, um Fortschritte zu erzielen.“

Ärmere Länder sind von globalem Steuermissbrauch stärker betroffen

In Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen summieren sich die Verluste auf mehr als 50 Prozent ihrer gesamten öffentlichen Gesundheitsbudgets. In den Ländern mit hohen Einkommen entsprach der Verlust immerhin noch 8 Prozent; gleichzeitig waren sie und die von ihnen abhängigen Steueroasen und Schattenfinanzplätze aber für 98 Prozent der globalen Verluste verantwortlich. Die fünf Hauptverantwortlichen waren: die Caymaninseln, Großbritannien, die Niederlande, Luxemburg und die Vereinigten Staaten von Amerika.

Weiterführende Informationen:

  • Der komplette Bericht und weiterführende Materialien hier (in Englisch)
  • Das Länderprofil mit weiteren Details für Deutschland: hier (in Deutsch)
  • Schätzungsweise 10 Billionen Dollar anonymer, unversteuerter Privatvermögen liegt in den Schattenfinanzplätzen weltweit. Dadurch entsteht ein Steuerschaden von 182 Milliarden Dollar. Zum Schattenfinanzindex: hier
  • Schätzungsweise 1,38 Billionen Dollar an Unternehmensgewinnen werden jedes Jahr in Steueroasen verschoben. Dadurch entsteht ein Steuerschaden von 245 Milliarden Dollar. Zum Unternehmenssteueroasen-Index: hier

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