Starker Anstieg von geheimen Steuerdeals zwischen Regierungen und multinationalen Unternehmen in der EU

Berlin, 06.12.2016. Ergebnisse des Berichts “Survival of the Richest“ (Link) zeigen einen drastischen Anstieg von Steuerdeals in der EU. Positiv zu bewerten ist die wachsende politische Unterstützung für öffentliche Register von wirtschaftlichen Eigentümern von (Briefkasten-)Firmen.

Zentrale Ergebnisse:

  • Die Anzahl der geheimen Steuerdeals zwischen multinationalen Konzernen und europäischen Regierungen ist drastisch gestiegen: von 547 im Jahr 2013 auf 972 im Jahr 2014 auf schließlich 1.444 Ende 2015. In Luxemburg stieg die Zahl sogar um mehr als das Vierfache, von 113 auf 519. Solche Deals sind mit eine Grundlage für die ausufernde Unternehmenssteuerervermeidung sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern.

 

  • Die politische Unterstützung für Transparenz hinsichtlich der wirtschaftlichen Eigentümer ist europaweit gewachsen. So unterstützt nun auch das deutsche Finanzministerium nach langer Blockade öffentliche Register der wirtschaftlichen Eigentümer. Mehr dazu hier.
  • Die europäischen Regierungen unterzeichnen weiterhin kontroverse Steuerabkommen, die die Besteuerungsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern untergraben. Im Durchschnitt senken diese Verträge die Steuersätze in den Entwicklungsländern um 3,8 Prozentpunkte.
  • Unter den 18 analysierten Ländern unterstützt nicht ein einziges die Gründung einer neuen UN-Steuerbehörde, die den Entwicklungsländern bei der Aushandlung der globalen Steuerstandards eine angemessene Mitbestimmung ermöglichen würde.
  • Es gibt auch wachsende Unterstützung für die Forderung, Transparenz darüber herzustellen, wo multinationale Konzerne wirtschaftlich aktiv sind und wo sie tatsächlich Steuern zahlen – oder auch nicht zahlen. Allerdings sind die Regierungen, die gegen diese länderbezogenen Berichtspflichten sind, noch in der Mehrzahl. Auch die deutsche Regierung hat sich auf EU-Ebene mehrfach gegen die Transparenz dieser Daten ausgesprochen.

Lisa Großmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit kommentiert: “Es ist sehr überraschend und zutiefst besorgniserregend, dass die Anzahl der geheimer Steuerdeals in Europa derartig explodiert – so als wäre der Lux-Leaks-Skandal nie passiert. Wir wissen aus Beispielen wie dem Apple-Fall und Lux-Leaks, dass diese geheimen Deals für groß angelegte Steuervermeidung von multinationalen Konzernen genutzt werden.“

Markus Henn, Referent für Finanzmärkte bei WEED e.V. kommentiert: “Die europäischen Länder unterzeichnen problematische Steuerabkommen mit den Entwicklungsländern, die deren Steuerfreiheit stark beschneiden. Deutschland liegt mit insgesamt 51 solcher Steuerabkommen weit über dem Durchschnitt von 41, und davon beschneiden einige die Entwicklungsländer besonders stark.“

Karl-Martin Hentschel, Vertreter von Attac im Netzwerk Steuergerechtigkeit: „Es ist begrüßenswert, dass es Fortschritte bei der Transparenz der wirtschaftlichen Eigentümer gibt. Angesichts der erschreckenden Anzahl von Steuerdeals wäre es aber genauso wichtig, Transparenz darüber herzustellen, wo multinationale Unternehmen wirtschaftlich aktiv sind und wo sie Steuern zahlen. Solche öffentlichen länderbezogenen Berichtspflichten fordert unter anderem auch das Europäische Parlament. Doch die Bundesregierung blockiert dies bisher vehement.“

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