Nicht nur in Deutschland kämpft die Finanzverwaltung mit Personalproblemen und komplizierten, langwierigen Betriebsprüfungen gerade bei Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften. Der Chef der US-Steuerbehörde IRS schätzt, dass Millionäre und Milliardäre jährlich 150 Milliarden Dollar hinterziehen. Um das zu ändern, hat der IRS begonnen, Einkommensmillionäre genauer zu prüfen und damit bereits 480 Millionen Dollar eingenommen. Der Plan ist beispielsweise, mit neuen Datensätzen nachzuvollziehen, ob Privatflugzeuge von Firmen für persönliche Reisen genutzt werden, die wiederum nicht als Einkommen bzw. zu einem übermäßig hohen Anteil als Betriebsausgaben deklariert werden.
Zum Hintergrund: Die Prüfquoten für Menschen mit hohen Einkommen sind in den USA gering und rapide gesunken. Steuerpflichtige mit positiven Einkünften über 10 Millionen Dollar wiesen laut einem Bericht des Government Accountability Office (Äquivalent zum Bundesrechnungshof) im Jahr 2019 nur eine Prüfquote von 3,9 Prozent auf. 2010 waren es noch 21,2 Prozent (minus 81 Prozent)! Auch in Deutschland sinken die Prüfquoten bei Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften (über 500.000 Euro im Jahr), wenn auch deutlich weniger stark. Die Prüfquote ist hier im selben Zeitraum von 12,0 auf 6,8 Prozent gefallen und lag 2023 nur noch bei 5,7 Prozent. Auch hierzulande wäre es also begrüßenswert wenn hohe Beamt*innen aus dem Bundeszentralamt für Steuern in den großen Medien über intensivere Steuerprüfungen bei Einkommensmillionären sprechen würden. Und etwas neidisch blicken wir auf die detaillierteren Prüfstatistiken aus den USA, die an der Einkommensspitze viel stärker ausdifferenziert sind als die in Deutschland verfügbaren Daten.
Weitere Nachrichten:
- Die 2020 eingeführte Bonpflicht wird zu wenig kontrolliert. Laut Spiegel wurden 2022 nur 12.000 statt der geplanten 190.000 Kontrollen (6 Prozent) durchgeführt. In Berlin waren es nur 925 bei etwa 125.000 Betrieben, also rechnerisch einmal alle 130 Jahre und damit war Berlin noch nicht mal am schlechtesten. 2023 soll es besser werden, aber noch lange nicht gut genug. Grund dafür ist auch, dass die Prüfungen länger dauern als geplant, u. a. weil eingesetzte Kassensysteme noch nicht automatisch gemeldet werden und teilweise Techniker der Hersteller zum Auslesen dazu gezogen werden müssen.
- Nach Presseberichten beendet die Steuerreferentin der FDP ihren Lobby-Job bei Delivery Hero: Die Fraktion hatte kein Problem darin gesehen, dass ihre Mitarbeiterin gleichzeitig bei Delivery Hero angestellt und als Lobbyistin im Lobbyregister eingetragen war. Jetzt hat Delivery Hero laut taz ihre Anstellung beendet.
- Neue Diskussionen zum “Kamin-Gate” beim Finanzamt Ribnitz-Damgarten: Laut aktuellem Spiegelbericht ging die Schenkungsteuererklärung der umstrittenen Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich spurlos verloren. Bevor die Sachbearbeiterin sie im Kamin verbrannte, wurde sie weder bei der Poststelle noch an einem anderen Ort der Finanzverwaltung erfasst. Der eigentliche Skandal ist allerdings der Vorwurf, dass – entgegen der Empfehlung des später beauftragten Sachbearbeiters im Finanzamt – anscheinend unter Druck aus dem Finanzministerium eine Steuer von 10 Millionen Euro gefordert wurde, möglicherweise um die unliebsame Stiftung über den finanziellen Umweg möglichst schnell loszuwerden.
- Der verbreitete Subventionsbetrug mit Coronahilfen hat auch vor dem Bundestag nicht halt gemacht. Das Urteil gegen den AfD-Politiker und Obmann im Gesundheitsausschuss Kay-Uwe Ziegler aus dem Jahr 2022 ist rechtskräftig – er hatte 12.000 Euro an Corona-Soforthilfen mit falschen Angaben erschlichen.
- Die Kanzlei Freshfields wird die Abfindung in Höhe von 2 Millionen Euro für ihren mittlerweile wegen Cum-Ex-Beratungen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten ehemaligen Steuerchef Johannemann nicht zurückfordern.
- Das Bundeskanzleramt muss ein Rechtsgutachten offenlegen, das die Verfassungsmäßigkeit eines Unionsantrags im Bundestag untersucht, der einen Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Verwicklung von Olaf Scholz in die Warburg-Cum-Ex-Affäre fordert. Der Verdacht steht im Raum, dass Scholz und sein Vertrauter, der Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, das Gutachten genutzt haben, um auf die Ablehnung des Antrags durch die Ampelfraktionen hinzuwirken. Noch ist Beschwerde gegen den Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts möglich.
- Das Landgericht Hamburg hat dem Stern die Verbreitung der Behauptung untersagt, der ehemalige Arbeitsstableiter der SPD im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss habe “Laptops mit Beweismaterial versteckt oder besagte Laptops [mit E-Mail-Korrespondenz unter anderem von Scholz’ Büroleiterin im BMF] seien verschwunden”. Für diese Behauptung gebe es keine “Anknüpfungstatsachen”. Die Darstellung des Stern ist also nicht notwendigerweise falsifiziert, die Journalisten konnten aber wohl keine ausreichenden Hinweise für ihre Darstellung der Sachlage präsentieren. Das detaillierte Urteil ist noch nicht veröffentlicht.
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