Ranking der schädlichsten Unternehmenssteuerwüsten

Am 28.5.2019 veröffentlicht das “Tax Justice Network” zum ersten mal den Index der Unternehmenssteuerwüsten (engl. Corporate Tax Haven Index). Dieser benennt die Länder, die am krassesten die Steuerflucht internationaler Konzerne begünstigen.

TOP 10 der Unternehmenssteuerwüsten

  1. Britische Jungferninseln (Britisches Überseegebiet)
  2. Bermuda (Britisches Überseegebiet)
  3. Cayman Islands (Britisches Überseegebiet)
  4. Niederlande
  5. Schweiz
  6. Luxemburg
  7. Jersey (Britischer Kronbesitz)
  8. Singapur
  9. Bahamas
  10. Hong Kong

Deutschland ist auf Platz 24.

Die wichtigsten Fakten:

  • In diesen 10 Ländern werden 40% der grenzüberschreitenden Direktinvestitionen (das sind 18 Billionen US-Dollar) mit Körperschaftsteuersätzen von drei Prozent oder weniger verbucht.
  • In diesen 10 Ländern betragen die niedrigsten Unternehmenssätze durchschnittlich 0,54 Prozent.
  • Diese Länder untergraben die Möglichkeiten der Regierungen auf der ganzen Welt, multinationale Unternehmen sinnvoll zu besteuern. Weltweit vermeiden multinationale Unternehmen jährlich geschätzte 500 Milliarden US-Dollar an Steuernn

Über Platz 1-3

  • Die Britischen Jungferninseln sind auf Platz 1 weil sie einerseits durch Schlupflöcher Unternehmenssteuersätze von  0% haben und gleichzeitig hochgradig intransparent sind. Dort finden sich laut einer Studie von Garcia-Bernardo e.a. (2017) extrem viele Tochterunternehmen von multinationalen Unternehmen.
  • Über die Bermudas ist vor allem bekannt, dass der Algorithmus der Suchmaschine von Google einer kleinen Tochter gehört, die auf den Bermudas gemeldet ist. Ähnlich wie die Britischen Jungferninseln bieten sie 0-Steuersätze und absolute Geheimhaltung.
  • Über die Cayman Islands finden besonders viele Geschäftstätigkeiten deutscher Bankan statt. So ist dort die deutsche Bank vertreten, aber auch die KfW-Tochter DEG beteiligt sich an Fond sauf den Cayman Islands.

Auf den ersten drei Plätzen sind britische Überseegebiete. Das Tax Jusitce Network spricht hier von einem globalen Unternehmenssteuerkrieg, der über eine Art „Spinnennetz“ aus Überseegebieten und Kronenabhängigkeiten geführt wird. Diese Gebiete haben sich nach dem Zusammenbruch des britischen Empire in den 1950er und 1960er Jahren dafür entschieden, politisch und institutionell mit Großbritannien verbunden zu bleiben. Großbritannien hat die volle Befugnis, die Gesetzgebung an diesen Orten durchzusetzen oder ein Veto einzulegen. Auch kann Großbritannien wichtige Regierungsbeamte ernennen. Gesetze müssen in London genehmigt werden. Das Netzwerk der Satelliten-Steuerwüsten ist eine Erweiterung des Finanzzentrums der City of London. Die Gerichtsbarkeiten, zu denen Cayman, Bermuda, Jersey und die Britischen Jungferninseln gehören, genießen in bestimmten Gebieten eine teilweise Autonomie von Großbritannien. Diese Halb-drinnen-Halb-draußen-Vereinbarung mit Großbritannien ermöglicht es der City of London, von oft schändlichen Aktivitäten zu profitieren. Gleichzeitig weist die britischen Regierung jegliche Verantwortung von sich, wenn Steuer-Skandale auftreten.

Unternehmenssteuerwüsten Niederlande und Luxemburg

Die Niederlande und Luxemburg sind für Unternehmen, die aggressiv Steuern vermeiden wollen, zum einen deshalb relevant, weil sie in der EU liegen. Mit einer Niederlassung in den Niederlanden ist es möglich, viele Gewinne aus den EU-Ländern abzusaugen, diese dann niedrig besteuert zu haben und dann steuerfrei  in Länder außerhalb der EU weiter zu transferieren. Dies gelingt mit Patentboxen, also besonders niedrigen Steuern auf Patentzahlungen (patentiert ist zum Beispiel das Coffee-shop-Konzept von Starbucks, oder das Möbelladen-Konzept von IKEA –  die Patentzahlungen können die Unternehmen quasi frei bestimmen). Luxemburg hingegen als viel kleineres Land hat gezeigt, dass es vor allem mit seiner Steuerverwaltung über individuelle Kontakte Unternehmen maßgeschneiderte Steuersätze gewährt, die weit unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Satz in Luxemburg sind.

Weiterführende Links:

Statement zur Gesamtkonzernsteuer und länderbezogenen Berichtspflichten

Um international operierende Konzerne vernünftig zu besteuern, muss verhindert werden, dass weiter große Teile der Profite in Unternehmenssteuerwüsten verschoben werden. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland unterstützt die Forderung des „Tax Justice Network“ zur Einführung einer Gesamtkonzernsteuer, verbunden mit einem Mindeststeuersatz. Bei dieser Steuer werden die Gewinne eines multinationalen Konzerns zusammengefasst („konsolidiert“) und über eine Formel auf alle Länder, in denen der Konzern aktiv ist, verteilt.

Die Verteilungsformel einer Gesamtkonzernsteuer muss auf Umsätzen, Beschäftigten (Vollzeitstellen und Löhne) und physischen Anlagen beruhen. Sie darf keine immateriellen Werte enthalten. Um den Steuerwettbewerb zu begrenzen, braucht es hinreichend hohe Mindeststeuersätze. Generell dürfen auch mit der Gesamtkonzernsteuerkeine neuen Steuervergünstigungen und -schlupflöcher geschaffen werden.

Zur Zeit blockiert Deutschland sowohl die Debatte zur Gesamtkonzernsteuer, als auch die Einführung von länderbezogenen Berichtspflichten für Multinationale Unternehmen. Doch wer Steuervermeidung stoppen will, muss endlich Transparenz schaffen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu wissen, ob Konzerne ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. EU-Kommission und Europäisches Parlament hatten sich dafür ausgesprochen, Konzerne dazu zu verpflichten, öffentlich über ihre in den verschiedenen Ländern erzielten Gewinne und darauf gezahlte Steuern zu berichten. Unter Finanzminister Scholz wird dieser EU-Vorschlag jedoch weiterhin vehement blockiert.

Weiterführende Informationen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben