Steuerzahler-Gedenktag: Solidarität feiern anstatt weitere Entlastungen für Unternehmen und Reiche
Wie jedes Jahr um diese Zeit proklamierte der Bund der Steuerzahler am Dienstag seinen Steuerzahler-Gedenktag und die FDP reagiert wie gewohnt mit der Forderung nach Entlastungen für Unternehmen und Reiche – ganz oben auf der Agenda die Abschaffung des verbleibenden Solidaritätszuschlags. Das würde die reichsten 6 Millionen Deutschen entlasten und den Staat etwa 10 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Eine Entlastung der Unternehmen durch die von FDP und Union vorgeschlagene Senkung der Körperschaftssteuer um 5 Prozentpunkte würde mit weiteren 17,2 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Anders als in den Vorjahren blicken wir 2021 auf ein Jahr zurück in dem die Superreichen noch reicher geworden sind, während Menschen mit geringen Einkommen das System aufrecht erhalten haben und der Staat als Stabilisator und Organisator gefragter war denn je. Deswegen sollte der Gedenktag ein Anlass sein, unsere solidarische Gesellschaft zu feiern und zu stärken anstatt dafür missbraucht zu werden, die Solidarität noch weiter auszuhöhlen und damit die Basis unserer Demokratie aufs Spiel zu setzen.
Auch wenn es in der Vergangenheit mehrere methodische Korrekturen gab, passt das Datum des BdSt übrigens auch dieses Jahr wieder nicht zur Ankündigung. Der Großteil der vom Steuerzahler Institut berechneten „Belastung“ (31,7 von 52,9 Prozentpunkten) geht auf die Sozialbeiträge zurück – einschließlich Arbeitgeberanteil. Die landen zwar bei der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken und Pflegeversicherung, aber die als „öffentliche Kassen“ in Kontrast zu stellen mit der „eigenen Tasche“ ist irreführend, weil davon ein großer Teil als staatliche Leistungen in letzterer landet. Folgt man den Berechnungen von Stefan Bach aus den Vorjahren wäre der eigentliche Gedenktag auch dieses Jahr schon Mitte Mai gewesen. Was der Bund der Steuerzahler bei seiner Kritik verschweigt: die vorgeschlagene Senkung des Solis für die Reichen würde an der problematisierten Steuerbelastung des Durchschnittsbürgers gar nichts ändern und noch dazu die vom Staat finanzierbare “Gegenleistung” schmälern. Während in den USA über Steuererhöhung für die Reichen und hochprofitable Unternehmen diskutiert wird, um die Demokratie zu retten, wird in Deutschland wieder einmal mit viel Aufwand und Geld das alte, gescheiterte Paradigma verkauft: Was wir den Reichen geben, kommt als Wachstum, Arbeitsplatz und niedrige Miete bei allen an.
Wie es anders geht, zeigen wir demnächst in unserem Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2021. Allein der Abbau der in den letzten zwei Jahrzehnten neu geschaffenen Steuerprivilegien für hohe Vermögen und Vermögenseinkommen sowie der konsequente Kampf gegen anonymes Auslandsvermögen bringen eine „Gerechtigkeitsdividende“ von bis zu 100 Milliarden Euro. Damit könnte man nicht nur die verfallende kommunale Infrastruktur reparieren, in gute Bildung und fairere Lebenschancen für alle investieren, den ökologischen Umbau der Gesellschaft auf den Weg bringen und wenn nötig mittelfristig die Corona-Schulden zurückzahlen. Es bliebe noch genug übrig um die Steuern für die unteren Einkommensschichten zu senken oder die Förderung für privaten, genossenschaftlichen oder staatlichen Wohnraum für sie zu erhöhen – damit auch sie eine Chance haben, ein Vermögen aufzubauen und für sich die Sicherheit zu schaffen, die es ermöglicht, Zukunft zu planen, Risiken einzugehen und ungenutzte Potenziale zu entfalten. Mehr dazu hier.
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