Studie: Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland
Eine neue Studie (Langfassung und Kurzfassung), die Markus Henn (WEED) für Transparency International Deutschland erstellt hat, untersucht die Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland. Sie versucht dazu zunächst, den Umfang der Geldwäsche zu bestimmen. Dabei werden große Dunkelfelder deutlich, sowohl bei den für die Geldwäsche relevanten Vortaten als auch bei der Geldwäsche selbst. Offizielle Untersuchungen und wissenschaftliche Studien konnten bislang nur eine Aufhellung dieses Dunkelfelds erreichen. Trotz dieser Einschränkungen können diese Vorarbeiten zusammen mit den in dieser Studie zusammengetragenen Belegen zeigen, dass in Deutschland ein erhebliches Problem mit Geldwäsche im Immobiliensektor besteht. Organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität, vor allem in Form von Steuerbetrug, führen zu Milliardenumsätzen und wohl auch -gewinnen, die teils im deutschen Immobiliengeschäft landen müssen. Hinzu kommt, dass ohne Zweifel internationale OK-Gruppen wie die italienische Mafia oder russisch-eurasische Gruppen Deutschland zur Geldwäsche mit Hilfe von Immobilien nutzen. Daneben liefert die Studie Hinweise auf Gelder aus großen Fällen von bekannten Personen oder Korrupten, die in Deutschland gelandet sind, teils konkret in Immobilien. Ermöglicht wird die Geldwäsche insgesamt durch die Einspeisung krimineller Gelder in das Bankensystem, meist wohl im Ausland, und die Nutzung von Schattenfinanzplätzen. Die Investitionen über Anteilskäufe an Gesellschaften, die am Grundbuch vorbeilaufen, dürften zudem eine erhebliche Rolle bei der Geldwäsche spielen. Deutschland ist auch attraktiv für politisch exponierte Personen und Korrupte. Im Ergebnis kann zwar keine konkrete Summe ermittelt werden, wie viel im deutschen Immobiliensektor gewaschen wird, aber es ist realistisch anzunehmen, dass es jährlich mehrere Milliarden Euro sind. Doch die Studie kratzt nur an der Oberfläche des Problems. Professionell durchgeführte Geldwäsche ist nur schwer zu erkennen, wie auch die Analyse der Meldepraxis durch die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten zeigt. Diese stoßen, gerade bei Auslandsbezügen, schnell an die Grenzen des Ermittelbaren.
Die Studie stellt folgende Reformforderungen:
1 Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) für strukturelle Analyse stärken
Die Zentralstelle, die kürzlich zum Zoll wechselte, muss strukturelle, verdachtsunabhängige Datenanalysen und weitere Untersuchungen zum Beispiel zu aktuellen internationalen Geldwäschefällen durchführen und
dafür auf alle nötigen Daten zugreifen können, insbesondere auch die der Grunderwerbsteuerstellen.
2 Strukturelle Ermittlungen stärken
Die Ermittlungsbehörden müssen durch mehr Personal und Sachmittel sowie bessere internationale und nationale Zusammenarbeit allgemein und insbesondere mit Bezug auf strukturelle Ermittlungen gestärkt werden. Dies muss in einem ersten Schritt unabhängig von Vortaten erfolgen können. Sinnvoll wäre die Einrichtung einer – von der Gewerkschaft der Polizei geforderten – Bundesfinanzpolizei beim Zoll.
3 Grundbuch zentralisieren und veröffentlichen
Die politisch schon beschlossene Digitalisierung und Zentralisierung der Grundbücher durch die Länder muss rasch umgesetzt werden. Dieses zentrale Grundbuch muss dann öffentlich gemacht werden, um Geldwäscher abzuschrecken. Ausländische Gesellschaften, die Immobilien in Deutschland besitzen, sollten ihre wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden müssen.
4 Vermögensabschöpfung massiv ausbauen
Das 2017 reformierte Recht zur Vermögensabschöpfung bietet eine neue Möglichkeit, Vermögen auch bei Einstellung eines vollen Geldwäscheverfahrens abzuschöpfen. Dieses neue Recht ist intensiv zu nutzen, vor allem durch Personalaufbau. Eine Prüfung in ein bis zwei Jahren muss ermitteln, ob die neue Beweiserleichterung genügt oder ob es eine komplette Beweislastumkehr wie in Italien braucht. Zudem muss die administrative Sicherstellung über die Zentralstelle (FIU) genutzt werden.
5 Wirtschaftliche Berechtigung lückenlos ermitteln
Gravierende Lücken bei der Definition der wirtschaftlich Berechtigten, also der wahren Eigentümerinnen und Eigentümer, durch die Meldung fiktiver Berechtigter müssen geschlossen und fehlende Ermittlungspflichtenpflichten für das Transparenzregister nachgebessert werden. Insbesondere muss jede Gesellschaft ihre Berechtigten kennen.
6 Schweigepflicht bei Verdachtsmeldungen aufheben
Die Einschränkung der Meldepflicht auf positives „Wissen“ wegen der Schweigepflicht sollte bei Notarinnen und Notaren sowie unter Umständen Rechtsanwältinnen und -anwälten für typisierte Fälle aufgehoben werden.
7 Registerdaten einfach und umfassend bereitstellen
Handels- und Transparenzregister müssen Daten zu den wirtschaftlich Berechtigten wie den Gesellschafterinnen und Gesellschaftern kostenlos, elektronisch und leicht zugänglich zur Verfügung stellen, so wie das britische Register „Companies House“. Zugleich müssen die Daten auch im Transparenzregister stichhaltig und verbindlich werden. Gebraucht wird darüber hinaus ein offizielles, globales und öffentliches Register zu allen Firmenanteilen.
8 Aufsicht verbessern
Die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor muss gestärkt werden, um die Menge und die Qualität der Verdachtsmeldungen zu erhöhen. Dazu gehört eine bessere Kooperation mit den nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten. Eine Bundeszuständigkeit für die Aufsicht sollte geprüft werden. In jedem Fall braucht es bundesweite Standards.
9 Durch Wissenschaft, Medien und Behörden aufklären
Die Aufklärung über das Problem muss gestärkt werden durch mehr Forschung, die Schließung von Datenlücken (z.B. zu Anteilskäufen an Gesellschaften, die Immobilien halten), gute Medienberichterstattung sowie die Veröffentlichung von Geldwäsche-Sanktionen und -Anklagen wie etwa in den USA.
Hier ist die Studie in Langfassung und Kurzfassung zu finden.
Schreibe einen Kommentar