Wo steht Deutschland bei der Verhinderung und Aufklärung von Cum-Ex & Co.?
Die Veröffentlichung der Cum-Ex-Files 2.0 und des ersten Buchs zu Cum-Ex – vom persönlich involvierten Journalisten Oliver Schröm – zeigen, wie aktuell die Thematik des Steuerbetrugs mit Kapitalertragsteuern ist. Und sie betonen dessen scheinbare Grenzenlosigkeit: Einerseits wörtlich im Bezug auf Ländergrenzen, denn auch zu steuergetriebenen Geschäften mit Kapitalertragsteuererstattungen in nicht-europäischen Ländern wie Japan und Südafrika gibt es neue Erkenntnisse; andererseits bildlich gesprochen, denn der geschätzte Steuerschaden steigt immer weiter. Laut den Berechnungen von Professor Christoph Spengel für die jetzige Berichterstattung ist von einem globalen Steuerschaden mindestens in Höhe von 150 Milliarden Euro zu rechnen. Und wo stehen wir in Deutschland?
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Stränge der Aufarbeitung von Cum-Ex & Co. und aktualisiert die Hintergrundinformationen aus unserer Cum-Ex-Broschüre. Wir schauen uns an: 1) Welche Geschäftsmodelle funktionieren heute noch, 2) wie läuft die strafrechtliche Aufklärung bei Cum-Cum, 3) wie bei Cum-Ex und schließlich, 4) wie läuft die politische Aufklärung im Hamburgischen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss?
Es läuft und läuft und läuft: Die Steuerbetrugsindustrie
Steuerbetrug mit der Kapitalertragsteuer ist noch lange nicht beendet worden. Cum-Cum und Cum-Ex beschreiben nicht je einen bestimmten Handelsablauf. Es gibt neuere Handelsmodelle, Mutationen der klassischen Varianten, die etwa im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags von 2017 beschrieben werden. Die Hintermänner entwickeln die Modelle stets weiter und haben sich bisher von Gesetzesänderungen kaum abschrecken lassen. Zur Not wechselt die Steuerbetrugs-Industrie eben in ein anderes Land und kommt mit neuen Modellen zurück, wenn die öffentliche und staatliche Aufmerksamkeit nicht mehr auf dem Kapitalertragsteuerbetrug liegt.
In welcher dieser Phasen Deutschland momentan steckt, ist unklar – finden Geschäfte weiterhin im großen Stil statt oder werden zurzeit vorzugsweise andere Länder ausgeplündert? Es fehlen die notwendigen Daten, um auch nur festzustellen, ob für eine bestimmte Aktiengattung (zum Beispiel: BMW-Aktien) insgesamt mehr Steuern erstattet werden als ursprünglich abgeführt. Das hat die Bundesregierung in ihrer Begründung des im perfekten Beamtendeutsch benannten Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetztes 2021 ausgeführt. In dem Gesetz werden unter anderem Depotbanken dazu verpflichtet, Informationen über die Empfänger von Kapitalerträgen und Steuerbescheinigungen, sowie über die Summe der zugrundeliegenden Kapitalerträge an das BZSt zu übermitteln. Das Gesetz mag die grundlegende Datenlücke ausfüllen, aber: Dass eine solche grundlegende Datenauswertung erst 30 Jahre nach den ersten Fallkonstruktionen möglich gemacht wird, zeigt die nachlässige Bekämpfung großangelegten Steuerbetrugs seitens der Politik. Immerhin wurde im Bundeszentralamt für Steuern mittlerweile eine Sondereinheit für Betrug am Kapitalmarkt etabliert, die sich in Zukunft mit dringend notwendiger Datenanalyse befasst.
Hinzu kommt, dass unklar ist, ob das Gesetz darüber hinaus auch dazu führen wird, dass auch neuartige steuergetriebene Geschäfte unterbunden werden. Experten hatten etwa bemängelt, dass die anscheinend zunehmend gebrauchten Cum-Ex-Mutationen über derivative Geschäfte im Gesetz noch nicht einmal erwähnt werden. Zudem ist ohne eine technische Lösung der Verwaltungsaufwand, jede verdächtige Transaktion einzeln nachvollziehen zu müssen, wohl sehr hoch – selbst bei ausreichender Datenlage. Weitere Reformen werden daher debattiert, wie etwa das von der OECD-entwickelte TRACE-Verfahren. Dessen Umsetzung hatte auch der Bundesrechnungshof im Rahmen seiner Untersuchung von Cum-Fake-Modellen mit Hinterlegungsscheinen angemahnt. Weiterhin im Raum steht der Vorschlag von Jarass und Schick, über ein neu aufzubauendes IT-System den automatischen Abgleich von gezahlten Steuern, Steuerbescheinigungen und Erstattungsforderungen zu ermöglichen. (Eine Untersuchung der Lösungsansätze folgt in einem späteren Blogeintrag.)
Klar ist nur, dass Spielarten der Geschäfte weiterhin möglich sind, auch wenn die “klassischen” Modelle, die wohl die allermeisten der heute von den Staatsanwaltschaften verfolgten Fälle umfassen, seit 2012 schon technisch nicht mehr funktionieren. Illegal sind aber auch die heute noch technisch möglichen Cum-Ex-Mutationen. Das sehen auch die Staatsanwaltschaften so, wie Durchsuchungen im August 2020 bei den Privatbanken Varengold und Hauck & Aufhäuser wegen Cum-Ex-Modellen bis ins Jahr 2016 zeigen. Bis das Problem der steuergetriebenen Geschäfte mit Kapitalertragsteuern endgültig zu den Akten gelegt werden kann, braucht es somit noch viel gesetzgeberisches Handeln.
(Zur Erinnerung: Rechtlich haben Cum-Ex-Geschäfte nie funktioniert. Es gab nie eine Gesetzeslücke – auch wenn das in der Fachliteratur von einigen, für ihre Meinungen teils fürstlich entlohnten Autoren anders gesehen wurde. Technisch war es jedoch möglich, sich bei einer einfach gezahlten Kapitalertragsteuer mehrere Steuerbescheinigungen generieren zu lassen. Dies trifft heute nur noch auf weiterentwickelte Geschäftsmodelle zu; die bis 2012 wohl dominierenden Modelle sind heute daher auch technisch nicht mehr möglich. Bildlich gesprochen: Es schon immer illegal, Geld aus einer offenstehenden Kasse zu klauen. Nun ist die Kasse geschlossen, um niemanden auf den Plan zu bringen. Unbewacht ist sie aber weiterhin, sodass besonders entschlossene Diebe weiterhin leichtes Spiel haben.)
Cum-Cum und die fehlende strafrechtliche Aufklärung
Auch Cum-Cum-Modelle, bei denen Steuern zwar nicht mehrfach erstattet, aber doch einfach nicht gezahlt werden, sind weiterhin im Umlauf. Es ist schwieriger, sie komplett zu verbieten, ohne das Kind mit dem Badewasser auszuschütten und etwa Aktienleihen über den Dividendenstichtag hinweg komplett zu verbieten. Daher gibt es Cum-Cum-artige Geschäfte, die nach jetzigem Stand als legal wahrgenommen werden. Das gilt jedoch nicht für viele ältere Modelle, bei denen die Geschäfte zum einen gänzlich abgesichert waren, sodass kein Kursrisiko beim inländischen Leiher der Aktien um den Dividendenstichtag lag, und zum anderen die Haltedauer der Aktien des Inländers nur wenige Tage betrug. Diese sind mittlerweile eindeutig illegal.
Was aber im Vergleich zu Cum-Ex bei Cum-Cum daher besonders problematisch ist: Die Aufklärung der lange im großen Stil genutzten, eindeutig missbräuchlichen Modelle hat nicht einmal richtig begonnen. Das liegt zunächst einmal am Bundesministerium der Finanzen. 2015 war ein Urteil ergangen, dass ein solches Cum-Cum-Modell für illegal befunden hatte. Zwei BMF-Schreiben aus 2016 und 2017 hatten die Konsequenzen dieses Urteils insoweit eingeschränkt, dass es von den Finanzämter nur auf Fälle nach März 2013 und mit positiver Vorsteuerrendite angewandt werden solle. Das schließt aber nahezu alle bekannten Fälle aus.
Somit konnten weder die Finanzämter noch die Strafverfolgungsbehörden alte Cum-Cum-Fälle aufrollen und einerseits die unrechtmäßig ausgezahlten Gelder von den Banken wieder eintreiben, andererseits die Verantwortlichen wie schon bei Cum-Ex zur Rechenschaft ziehen, wo bereits die ersten Haftstrafen ergangen sind. Der schon genannte Cum-Ex-Experte Professor Spengel konzedierte: “Die Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 11.11.2016 sowie vom 17.7.2017 sind ein Offenbarungseid, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.” Erst 2021 wurden die alten BMF-Schreiben durch neue ersetzt. Inwiefern die dadurch eröffneten Möglichkeiten von den Behörden bereits genutzt werden, ist unklar. Die Personalnot, gerade in Finanzämtern, wird dies kaum erlauben. Die Politik muss hier mit behördenübergreifenden Task Forces und zusätzlichem Personal für diese Einheiten die Grundlagen schaffen.
Cum-Ex und strafrechtliche Aufklärung bis in die Chefetagen
Bei Cum-Ex-Fällen ist die Strafverfolgung der Fälle bis 2012 schon vergleichsweise weit vorgedrungen – zumindest derjenigen, die nicht so weit zurück liegen, dass sie bereits verjährt sind. Dabei wird noch zu sehen sein, wie viele der mit Cum-Ex erbeuteten Taterträge insgesamt zurückgefordert werden können. Von den Fällen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro, die dem Bundesministerium der Finanzen bekannt wurden, sind nach letzten offiziellen Angaben vom Dezember 2019 noch 4,3 Milliarden ausstehend. Von fast 500 bekannten Fälle waren noch 391 offen. In den betroffenen Bundesländern außer dem zentralen Land NRW wurden laut einer Umfrage der Zeitschrift Capital bereits knapp 60 Prozent der bekannten Schadenssumme zurückgeholt. Allerdings gibt es über die Zahlen in den offiziellen Statistiken hinaus wohl zahlreiche Fälle, die unter dem Radar geblieben sind und wahrscheinlich verjähren bzw. bereits verjährt sind. Der auf Basis von Handelsdaten geschätzte Steuerschaden lag mit zehn Milliarden Euro daher fast doppelt so hoch wie das Volumen der dem BMF bekannten Fälle.
Die vor Gericht erfolgreich vertretenen strafrechtlichen Ermittlungen sind dennoch der große Lichtblick in Sachen Cum-Ex. Auch wenn dem Großteil der über Tausend Beschuldigten noch kein Prozess gemacht wurde, sind sowohl der erste Präzedenzfall, an dem zwei geständige Aktienhändler verurteilt wurden, sowie der erste Folgefall gegen einen unkooperativen deutschen Banker, in den ersten Instanzen erfolgreich für die Staatsanwaltschaft verlaufen. So ist mittlerweile vom Bundesgerichtshof bestätigt, dass Cum-Ex-Geschäfte strafbar sind und diese hochkomplexe Art der Steuerhinterziehung auch gerichtsfest beweisbar ist. Zudem ist die Symbolwirkung der hohen Strafen kaum zu überschätzen. Millionenbetrüger kommen, wie es bei einkommensschwachen Hartz IV-Betrügern schon lange der Fall ist, für lange Jahre ins Gefängnis – solange auch das zweite Cum-Ex-Urteil gegen einen ehemaligen Generalbevollmächtigten der Warburg Bank vor dem Bundesgerichtshof besteht. Dabei wird von Seiten der Staatsanwaltschaft auch vor den Granden der Gesellschaft und Führungkräften in der Finanzindustrie bis hin zu Bankchefs nicht Halt gemacht.
Und die Strafverfolgungsbehörden ziehen keine Samthandschuhe an. Das zeigt etwa das Beispiel von Hanno Berger, der als “Spiritus Rector” der Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland bezeichnet wird. Der ehemals gefeierte Steueranwalt war in die Schweiz geflohen, als er von Durchsuchungen in seinem Büro erfuhr. Bei Steuerstraftaten liefert die Schweiz nämlich nicht aus – was natürlich eine höchst fragwürdige Praxis ist, mit der man sich willens flüchtige Straftäter ins Land holt. Im Fall Berger wird die Auslieferung jedoch dadurch möglich gemacht, dass das Landgericht Wiesbaden von dem Verdacht eines “gewerbsmäßigen Bandenbetrugs” ausgeht, also keiner Steuerstraftat. So werden Steuertrickser selbst ausgetrickst, wobei dieser “Trick” der Behörden natürlich nur dadurch möglich ist, dass Berger wohl in großem Stil eine ganze Betrugsindustrie (ko-)koordiniert hat.
Ein kurzer Exkurs zur Haftungsfrage bei Cum-Ex-Geschäften: Nicht abschließend geklärt ist, welche der zahlreichen Akteure in Cum-Ex-Geschäften schlussendlich haften müssen. In den komplizierten Handelsmodellen mussten zahlreiche Finanzinstitute unterschiedliche Rollen einnehmen (hier eine detaillierte Aufschlüsselung der Geschäfte). Die Kosten bleiben allerdings bisher nahezu gänzlich bei den sogenannten Leerkäufern hängen, die sich am Ende der langen Handelsketten die Steuern unrechtmäßigerweise erstatten ließen – obwohl sich alle Akteure wohl in den meisten Fällen über den betrügerischen Charakter der Geschäfte im Klaren waren. Diesen Leerkäufern wird nun die Auszahlung der Steuern verweigert oder die Taterträge werden eingezogen. Hier laufen momentan zivilrechtliche Klagen zur Inhaftungnahme gegen Depotbanken, welche wohl ebenfalls unrechtmäßigerweise die Steuern nicht abgeführt hatten.
Politische Aufklärung im Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss
Und zuletzt ein Update zum prominenten Cum-Ex-Fall der Privatbank Warburg, der durch die wohl bevorstehende Kanzlerschaft von Olaf Scholz umso brisanter geworden ist. Aus Transparenzgründen der Hinweis: Der Autor arbeitet für die Opposition als Fraktionsmitarbeiter im Hamburger Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), der sich mit der Frage beschäftigt, ob es im Fall der ausgebliebenen Steuerrückforderungen des Finanzamts für Großunternehmen im Fall Warburg politische Einflussnahme gegeben hat.
Insbesondere die im Zuge einer Durchsuchung beschlagnahmten Tagebücher des Warburg-Eigentümers Christian Olearius belegen dabei zumindest, dass die Bankeigentümer nichts unversucht gelassen haben, auf den damaligen Bürgermeister Olaf Scholz und den damaligen Finanzsenator und heutigen Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher einzuwirken. Sie trafen sich dazu mehrfach mit Olaf Scholz, in der Hoffnung, dass sich infolge dessen die Steuerrückforderungen “in weiße Wölkchen” auflösen. Den damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs nutzten sie dabei scheinbar als Werkzeug, was auch die Staatsanwaltschaft Köln auf den Plan gerufen hat. Sie durchsuchte wegen Verdachts der Begünstigung Ende September 2021 sogar seine Privaträume.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde von Anfang an von der in Hamburg weiterhin regierenden SPD und den betroffenen Behörden erschwert. Denn die SPD stellt gemeinsam mit dem Koalitionspartner, den Grünen, auch im PUA die Mehrheit und hat so unter anderem für eine absurde Reihenfolge bei der Zeugenbefragung gesorgt. Dadurch dass besonders relevante Zeugen, die eine andere Meinung vertreten als der Finanzbehörde lieb ist, erst gegen Ende gehört werden, können viele bereits befragte Zeugen wohl nicht mit deren Aussagen und den neu gewonnenen Erkenntnissen konfrontiert werden. Zudem liefert die untersuchte Behörde selbst die ihr vorliegenden Akten. Dass dabei nicht alle Dokumente bereitgestellt wurden, ist durch Nachlieferungen von offensichtlich fehlenden Akten bereits klar geworden. Man kann jedoch stets nur konkret nachfragen, wenn man bereits Hinweise auf die Existenz bestimmter Akten hat. Durch diese intransparente Vorgehensweise wird konsequente Aufklärung praktisch unmöglich gemacht.
Auch die Erinnerungslücken wichtiger Zeugen helfen nicht, allen voran natürlich Olaf Scholz. Niemand nimmt dem Kanzler in spe und damaligem Ersten Bürgermeister ab, dass er sich nur an genau die Dinge erinnern kann, die zufällig durch Akten beweisbar sind und an nichts darüber hinaus. Nachweisbare politische Einflussnahme oder nicht – Transparenz und Aufklärungswille sehen anders aus. Unklar ist, inwieweit die mögliche Beeinflussung von Olaf Scholz und dem noch als Zeugen geladenen Peter Tschentscher dadurch unaufklärbar bleibt. Zumindest bei Tschentscher scheinen neue Indizien eine Aufklärung möglich zu machen: Bei der kürzlichen Durchsuchung in Hamburg wurden Mails gefunden, die eine Einbindung Tschentschers in die Schonung der Warburg Bank belegen sollen. Diese Nachrichten lagen dem Untersuchungsausschuss bisher wohl nicht vor.
Durchsucht wurde derweil auch bei einer Finanzbeamtin, was deutlich macht, dass im Finanzamt selbst einiges schief lief. In den Befragungen wurde klar, dass eine toxische Atmosphäre herrschte, in der die Betriebsprüfer der Warburg-Bank über Jahre praktisch gar keine Kommunikation mit ihrer Vorgesetzten hatten, welche die Steuern nicht zurückfordern wollte. Ein Prüfer sagte aus, er sei durch die Auseinandersetzungen krank geworden, ein weiterer wurde schließlich gegen seinen Willen versetzt.
Konfliktlinie war, wie das Finanzamt Steuerhinterziehung nachweisen müsse. Die Chefin der Betriebsprüfer*innen bestand auf einem Nachweis der gesamten Lieferketten der Aktien; ein Nachweis, der jahrelange Arbeit und internationale Amtshilfe bedingt und wohl kaum einem Finanzamt fristgerecht möglich gewesen wäre. Eine Betriebsprüferin sagte vor dem PUA aus: “Man geht da einen Weg, auf dem wir völlig hilflos sind, überhaupt etwas zu machen, und dann werden Steuern angerechnet ohne Ende.” Es drängte sich der Eindruck auf, da sei Strategie dahinter. Die Chefin der Prüfer*innen wiederum pflegte einen von mehreren Zeugen als ungewöhnlich eng beschriebenen Kontakt zur Bank – die wiederum stets über den aktuellen Stand der Betriebsprüfung informiert war. Die Bank wies in Schreiben an Finanzamt und Finanzsenator Tschentscher sogar süffisant darauf hin, dass der Sachverhalt noch nicht ausermittelt sei – was aufgrund der Vorgaben für die Betriebsprüfer auch so bleiben musste.
Schon jetzt zeigt sich im PUA also, dass gravierende Probleme in der Hamburgischen Finanzverwaltung herrschten. Das Urteil zur politischen Einflussnahme steht noch lange aus. Dass man die Nähe zu öffentlich verdächtigten Steuerbetrügern nicht scheute, spricht allerdings bereits Bände.
Fazit: Licht und Schatten – und ein Auftrag an die neue Bundesregierung
Der Überblick über Cum-Ex & Co. in Deutschland zeigt zweierlei: Einerseits gibt es keinen Grund, zynisch zu werden. Gerade die strafrechtliche Aufklärung läuft gut und die politische Aufklärung wird zumindest nicht gänzlich unter den Teppich gekehrt, auch wenn man hier mehr erwarten dürfte. Andererseits geht die Politik seit Jahrzehnten viel zu stiefmütterlich mit großangelegter Finanzkriminalität um, was wohl auch an der Nähe zu den Tätern in Behörden und der Politik selbst liegt. Auch bei der strafrechtlichen Aufklärung bedurfte es großen öffentlichen Drucks, um etwa genug Beamte zur Verfolgung der über Tausend wegen Cum-Ex Beschuldigten bereitzustellen. An politischem Willen zu Aufklärung und konsequenter Verhinderung von Finanzkriminalität besteht weiterhin Bedarf – und die neue Bundesregierung wäre gut beraten, über konsequentes Handeln gegen Steuerhinterziehung à la Cum-Ex unkontrovers die Staatseinnahmen zu erhöhen und für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen.
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